Sehr gut besucht war vergangenen Freitag eine Sonderveranstaltung der Politik-AG am Montessori Zentrum Angell: 25 Schülerinnen und Schüler verzichteten auf ihre Mittagspause, um mit dem Politologen und Islamwissenschaftler Dr. Jan Völkel über die Entwicklungen "vom Arabischen Frühling zum Arabischen Winter" zu diskutieren.
Völkel, der in Freiburg über das UNO-Verständnis arabischer Tageszeitungen promovierte, lehrt nach Zwischenstationen in verschiedenen Ländern seit einigen Jahren an der Universität Kairo. In das Montessori-Zentrum Angell kam er im Rahmen einer Vortragsreise, die von Angell-Lehrer Dr. Michael Walter organisiert wurde. Der AG-Leiter war vor fünf Jahren selbst auf dem Tahrir-Platz und konnte die Schüler/innen aus eigenem Erleben auf das Gespräch mit Dr. Völkel vorbereiten.
Unter dem Sammelbegriff „Arabischer Frühling“ werden die sich nach 2010 in mehreren arabischen Ländern ausbreitenden Proteste gegen autoritäre Regimes zusammengefasst. Völkel beschrieb die Massenproteste, die 2011 zum Rücktritt von Präsident Mubarak führten, der das Land seit 1981 regiert hatte. Danach erhofften sich viele die Einführung eines demokratischen Systems in Ägypten. 2013 übernahm das Militär die Macht und sorgte für die Wahl des Oberbefehlshabers der Streitkräfte Abd al-Fattah as-Sisi zum Präsidenten Ägyptens.
Völkel nannte einige Faktoren, die eine Revolution begünstigen. Dazu gehöre zum Beispiel eine "kritische Masse" von Protestierenden. Aber auch Instabilität innerhalb des Systems und Sicherheitskräfte, die sich mit den Demonstranten solidarisieren, begünstigten eine erfolgreiche Revolution. Die eigentliche Arbeit fange aber erst nach der Revolution an. So müsse ein neues System gefunden und durchgesetzt werden. Dabei sei aber zu beachten, dass die Stabilisierung des Landes im Nachhinein einfacher sei, wenn eine Revolution friedlich verlaufe.
Seine Bilanz für Ägypten fiel ernüchtert aus. Von den ursprünglichen Hoffnungen sei nichts übrig geblieben und auch an der Universität seien viele Studenten und Lehrende in großer Sorge. Nach einer anregenden Diskussion bedankten sich die Schüler/innen bei Dr. Völkel.