Es hat aufgehört zu regnen. Auf dem Gelände am alten Freiburger Güterbahnhof machen sich aber noch immer große Pfützen breit. Gras, Disteln und kleine Büsche wachsen zwischen den stillgelegten Gleisen. Eigentlich ist hier nichts los. Am Vormittag des 14. Juli ist von Beschaulichkeit aber nichts mehr zu spüren. Menschen schleppen Scheinwerfer und Kameras, unzählige Kinder und Jugendliche kommen an, Musiker schlendern in die denkmalgeschützte Lokhalle.
Hier werden heute Nachmittag die Montagues mit den Capulets streiten. Auf der riesigen Bühne werden Mercutio und Tybalt sterben, genauso wie wenig später Romeo und Julia.
Das Projekt „Romeo feat. Julia" startete im Oktober 2011 und ist keine gewöhnliche Shakespeare-Aufführung. Das wird schon klar, wenn man die Beteiligten sieht: SWR Sinfonieorchester, SWR Band, Kinderkanal KiKa und einige andere. Aus einem deutschlandweiten Casting gingen die Hauptrollen hervor, junge talentierte Rapper. Von den ersten Bewerbungen, die ab Oktober 2011 über die Projekt-Website und Facebook eingingen, über die Castings bis hin zu den beiden Aufführungen im Juli 2012 in Freiburg war es ein langer Weg. „Wir haben deutschlandweit nach jungen talentierten Rappern gesucht, die die Hauptrollen im Stück übernehmen. Was wir gefunden haben, war so viel Talent und Lust, das hat uns umgehauen", erzählt Sigrun Fritsch, die Regisseurin des Stücks. Wie recht sie hat, wird einem klar, wenn man mit hunderten anderen Zuschauern an diesem Samstag die acht jungen Rapper Shakespeare rezitieren hört, wenn man die 120 Kinder und Jugendlichen aus Freiburger Schulen (u. a. vom Montessori Zentrum ANGELL) und der Dance Academy Freiburg tanzen sieht, wenn man das SWR Orchester Sergej Prokofieffs Ballett „Romeo und Julia" spielen hört. Eine wunderbare Gegenüberstellung ist das zwischen HipHop und Klassik, modernem Sprechgesang und wohlfeilem Sturm-und-Drang-Theater. Zu Recht gibt es am Ende minutenlang stehende Ovationen vom Publikum. Denn dieser Nachmittag war großes, kraftvolles und berührendes Theater.
Für alle, die die beiden komplett ausverkauften Vorstellungen verpasst haben, gibt es einen Trost: Ab dem 01. Oktober 2012 sendet KiKa eine 20-teilige Daily Doku über das Projekt. Wer nicht so lange warten will, findet zahlreiche Ausschnitte von den Castings, den Proben und den Freiburger Aufführungen auf www.romeofeatjulia.de oder einige Bilder von Matthias Kolodziej, PAN.OPTIKUM in unserer
Einen Artikel zum Stück mit Bildergalerie und Video finden Sie auch bei Spiegel online.